#1

Zug Richtung New York

in Öffentliche Locationen einschließlich Straßen, Parks u.ä. 03.05.2010 00:02
von Alex Summers • Besucher | 19 Beiträge

[Einstiegspost]

Er mochte reisen.
Nun, eigentlich war die Zugfahrt bisher alles andere als spektakulär verlaufen und er würde froh sein, wenn er wieder in seinen eigenen vier Wänden angekommen war, aber nichtsdestotrotz war so eine Fahrt doch etwas Entspannendes. Zumindest für Alex, viele andere sahen das sicher komplett anders.

Im Augenblick schlappte der Hawaiianer relativ gelangweilt aus dem Speisewagen, in Richtung des Abteils, dass er seit Abfahrt bewohnte. Bei der Zeit, die die Heimreise von dem Besuch seiner Stiefeltern fraß, traf es ‚bewohnen‘ recht gut, wie er fand.
Eigentlich hatte ihn seine Mutter recht gut eingedeckt, mit einer Wegration, an der er lange würde zu nagen haben, sein kurzer Ausflug war eher eine Beschäftigungstherapie gewesen. Zumindest für kurze Zeit.
Nun balancierte er zwei Pappbecher voll Kaffee zu seinem Platz. Auf seine Koffer hatte eine ältere Frau ein Auge geworfen, Mrs. Bathgate; deswegen hatte er sich auch spontan überlegt, dass es eine nette Geste war, ihr gleich etwas mitzubringen. Sie war eine der angenehmeren Mitreisenden, ein wenig gesprächig aber auch nicht zu nervig. Und sie hatte Kekse dabei gehabt. Leckere Kekse.

Alex schob die Tür zum Abteil ein wenig stockend auf und kippte sich direkt ein wenig heißen Kaffee über den Handrücken, da das lästige Ding klemmte. Er kommentierte das Ganze mit einem leicht genervten ‚Nhn!‘, blieb sonst aber ruhig – er spürte dank seiner ‚beneidenswerten‘ Andersartigkeit ja ohnehin keinen Schmerz, der durch etwas heißes hätte verursacht werden können.
„Ich habe Ihnen einen Kaffee mitgebracht“, verkündete Alex schließlich lächelnd als er eintrat und hielt die mit Kaffee bewaffnete Hand hoch, die nicht tropfte. Noch während er sprach, bemerkte er, dass sie nicht mehr alleine waren. Das Mädchen, das da auf dem Platz saß, wo er noch vor einiger Zeit gesessen hatte, war ziemlich niedlich. Da der junge Summers nicht unbedingt ein Casanova war, beschränkte er sich deshalb darauf weiter zu lächeln und ein kurzes „Hi“ an seine letzten Worte anzufügen, während er den einen Becher weiter gab.
„Danke dir, Alexander.“„Kein Problem, Mrs. Bathgate.“ Er ließ sich neben der älteren Dame nieder, gegenüber der jungen Frau, die wohl ein wenig jünger sein musste als er. Mrs. Bathgate warf, über die Ränder ihrer Brille hinweg, einen recht berechnenden Seitenblick auf Alex, der das allerdings kaum wahrnahm. Dann ergriff sie die Initiative. „Ich habe mich gerade mit Lorna hier unterhalten, sie will auch nach New York. Nicht wahr, meine Liebe?“ Sie zog fragend die Brauen hoch und nippte an ihrem Kaffee.
Eine Recht sinnlose Aussage, wenn man bedachte, dass dieser Zug NYC schon bald erreicht haben würde und dann sein Ziel erreicht hatte.

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#2

RE: Zug Richtung New York

in Öffentliche Locationen einschließlich Straßen, Parks u.ä. 18.05.2010 01:00
von Lorna Dane • Besucher | 13 Beiträge

[Einstiegspost]

Zugreisen waren angenehmer als per Anhalter zu fahren, das war Lorna bereits im Vorhinein klar gewesen. Dennoch hatte sie für den Großteil ihres Trips letztere Variante gewählt, nicht wirklich, weil diese deutlich besser zu dem abenteuerlichen Vorhaben, das sie sich da in den Kopf gesetzt hatte, passte, schließlich war die junge Frau gar keine sonderlich abenteuerliche Person, sondern vorrangig, weil es schlichtweg günstiger gewesen war. Das letzte Stück bis New York hatte sie sich schließlich trotzdem für den Zug entschieden, obwohl ihr eigentlich viel eher danach war wieder die andere Richtung einzuschlagen.
Vor ein paar Tagen war ihr die Idee auf eigene Faust nach dem Mann, der unter Umständen ihr leiblicher Vater war, zu suchen noch absolut brillant erschienen, mittlerweile war sie allerdings nicht mehr ganz so überzeugt von ihrem Einfall und jede Minute, die der Zug sich ihrem Ziel näherte, schwand ihre Zuversicht damit überhaupt Erfolg zu haben noch ein wenig. Denn wenn sie ehrlich mit sich selbst war, hatte sie nur eine sehr schwammige Vorstellung davon, wie sie ihre Nachforschungen anstellen wollte und auch ihre finanziellen Mittel waren alles andere als unerschöpflich. Vermutlich würde keine Woche vergehen, bevor sie reumütig bei ihren Adoptiveltern in Kalifornien anrufen würde und sich entschuldigen, dass sie sich heimlich aus dem Staub gemacht und nur einen erklärenden Brief mit der Versicherung, dass sie sich keine Sorgen machen sollten und Lorna bald zurück sein würde, hintergelassen hatte. Und selbst wenn nicht... Was sagte man einem Vater, den man im Grunde gar nicht kannte?
„Hi, ich bin vielleicht Ihre Tochter. Sie sind nicht zufällig auch Mutant?“, war nicht unbedingt der spitzfindigste Ansatz und in der heutigen Zeit, in der Mutanten alles andere als gern gesehene Gesellschaft waren, wohl auch nicht ungefährlich. Aber das waren Fragen, denen sie sich zu gegebenem Zeitpunkt widmen konnte. Im Augenblick bemühte sie sich darum, sich von derlei Dingen abzulenken und dank der netten älteren Dame, die sie in ein Gespräch verwickelt hatte, kaum dass Lorna es sich auf einem Sitzplatz einigermaßen gemütlich gemacht hatte, gelang ihr das auch nicht so schlecht.

Da Mrs. Bathgate nicht darauf verzichtet hatte ihre bisherige Reisebegleitung bereits zu erwähnen, hielt Lornas Überraschung sich in Grenzen, als Alex die Tür zum Abteil öffnete. Dennoch blickte sie auf und für einen Moment trafen ihre Augen auf seine, bevor ein zurückhaltendes, aber durchaus freundliches Lächeln sich auf ihre Lippen legte und sie ein etwas zögerliches „Hallo“ zurückgab. Aufmerksam wie sie nun einmal war, war ihr auch durchaus der verschüttete Kaffee nicht entgangen und kaum hatte Alex sich gesetzt, suchte sie in dem Rucksack, der in ihrem Schoß lag, bereits nach einem Taschentuch. Mrs. Bathgates Frage traf sie dabei so unvorbereitet, gerade als sie fündig geworden war, dass sie sich beinahe aus dem Konzept geworfen fühlte.
„Genau“, bestätigte Lorna etwas zu schnell um noch souverän zu wirken. Ein deutlicher Anflug von Verlegenheit war in ihrem Gesicht auszumachen, weil sie den nicht unbedingt subtilen Kuppelversuch der älteren Dame sehr wohl als solchen erkannte. Wäre sie davon nicht so direkt betroffen gewesen, hätte sie vermutlich darüber geschmunzelt.
„Ich war noch nie in New York“, schob sie hinterher, um nicht ganz so unbeholfen zu wirken und reichte Alex ein frisches, fein säuerlich gefaltetes Stofftaschentuch mit einem leichten Nicken in Richtung der Hand, in der er den Becher Kaffee hielt, den er nicht für Mrs. Bathgate mitgebracht hatte. „Hier, damit du dich nicht voll tropfst“, erklärte sie mit einem Lächeln und wirkte damit schon deutlich sicherer.
„Jedenfalls bin ich schon neugierig und ein bisschen aufgeregt.“ Damit ging sie noch einmal direkt auf ihre vorhergehende Aussage ein. Das war nicht einmal gelogen, dass das viel mehr an dem Grund ihrer Reise als an New York selbst lag, interessierte wohl ohnehin nicht wirklich jemanden.

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#3

RE: Zug Richtung New York

in Öffentliche Locationen einschließlich Straßen, Parks u.ä. 18.05.2010 01:55
von Alex Summers • Besucher | 19 Beiträge

Immer schön einen guten ersten Eindruck zu machen, wenn man ein niedliches Mädchen traf. Nicht nur, dass der Versuch der alten Dame bestenfalls als ‚unterhaltsam‘ zu bewerten gewesen wäre – und auch das nur, wenn man nicht direkt betroffen war – Lorna war auch seine kurzweilige Ungeschicklichkeit nicht entgangen. Alex nahm das Taschentusch mit einem schiefen lächeln an und bedankte sich kurz. Er war sehr darauf bedacht, sich kein weiteres Missgeschick zu leisten, was man ihm wohl auch ein wenig ansah. Beim rattern und rütteln des Zuges konnte man den Becher schlecht abstellen aber mit nur einer Hand wischte es sich schwer, ohne neu zu verkippen. Jedenfalls wenn man gerade besonders gelassen wirken wollte. Ein Teufelskreis.

Nichtsdestotrotz war der junge Summers bemüht dem Gespräch, beziehungsweise dem Kommentar, zu folgen, um adäquat mitreden zu können. Souveränität war das Gebot der Stunde; klappte nur selten, war aber immer wieder einen Versuch wert.
„Ne Reise oder bleibst du länger?“, fragte er schließlich und nippte erst einmal an seinem Kaffee. Die manipulative Gesprächsinitiatorin hielt sich geflissentlich zurück, aber Alex zweifelte keine Sekunde daran, dass sich das sofort ändern würde, käme die Unterhaltung ins Stocken. Auf weitere peinliche Kupplungen konnte er verzichten. „Braucht eine Weile sich an New York zu gewöhnen. Ist cool, kann einen aber ziemlich erschlagen.“

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#4

RE: Zug Richtung New York

in Öffentliche Locationen einschließlich Straßen, Parks u.ä. 19.05.2010 01:49
von Lorna Dane • Besucher | 13 Beiträge

Alex’ Bemühungen seinen Kaffee nicht gänzlich zu verschütten und dabei einen gefassten Eindruck zu machen, ließen ihn auf Lorna durchaus sympathisch wirken, sympathischer vielleicht sogar als wenn er mit wirklicher Souveränität geglänzt hätte, auch wenn ihm das im Moment vermutlich ein eher geringer Trost war.
„Das hängt von verschiedenen Dingen ab...“, antwortete sie eher ausweichend, nicht, weil sie einem Gespräch prinzipiell aus dem Weg gehen, sondern viel mehr, den eigentlichen Grund für ihre Reise hier nicht breit treten wollte, sicher, dass das bestimmt einen äußerst naiven Eindruck machen würde und darauf konnte sie durchaus verzichten. „Aber ich hoffe zumindest ein bisschen länger.“ Weil ihr Vater sie bei sich behalten würde? Natürlich... Vermutlich war sie wirklich viel zu gutgläubig.
Lorna schüttelte den Gedanken ab und warf einen kurzen Seitenblick auf Mrs. Bathgate, die merklich still geworden war, bevor sie wieder Alex direkt ansah.
„Oh, mit Großstädten komme ich zurecht, Los Angeles ist schließlich auch nicht gerade klein“, beteuerte sie mit einem zuversichtlichen Lächeln. Dass die Stadt sie ‚erschlagen’ könnte – wie er es ausgedrückt hatte – war zumindest für den Moment tatsächlich ihre geringste Sorge. „Du wohnst also in New York? Schon länger?“, schloss sie aus seiner Aussage und hoffte damit nicht zu neugierig zu sein.

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#5

RE: Zug Richtung New York

in Öffentliche Locationen einschließlich Straßen, Parks u.ä. 19.05.2010 16:14
von Alex Summers • Besucher | 19 Beiträge

Alex machte sich keine Illusion, dass sein Versuch souverän zu wirken auch nur ansatzweise gefruchtet war. War egal, immerhin hatte ihn Lorna noch nicht dafür ausgelacht; was durchaus nett von ihr gewesen war.
Der Student nippte ein weiteres Mal an seinem Kaffee und lauschte interessiert den kurzen Ausführungen seiner Gesprächspartnerin. Er beschloss nicht weiter nachzuhaken, was die Aufenthaltsdauer seiner neuen Bekanntschaft anbelangte. Es ging ihn nichts an und Lorna schien im Augenblick nicht genauer auf die Faktoren eingehen zu wollen, von denen die Länge ihres Verbleibs in New York abhängig war.

Der junge Mutant schmunzelte. „Oh, das stimmt natürlich. So kann man es wohl ausdrücken“, kommentierte er Lornas Kommentar bezüglich L.A. eher beiläufig. Direkt danach richtete sie ihre Frage an ihn und Alex nickte, immer noch lächelnd.
„Jaah… eine Weile“, erklärte er, „Seit ich Zuhause raus bin und mein Studium angefangen habe. Geophysik.“ Vervollständigte er schließlich knapp. Er rechnete nicht damit, dass es sie großartig interessieren würde. Beinahe niemanden interessierte Geophysik und er konnte es auch niemandem verübeln, selbst wenn ihm sein Studium Spaß machte.

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#6

RE: Zug Richtung New York

in Öffentliche Locationen einschließlich Straßen, Parks u.ä. 24.05.2010 01:05
von Lorna Dane • Besucher | 13 Beiträge

Lorna war durchaus dankbar, dass Alex auf ihren halbherzigen Versuch vom Grund ihres Besuchs abzulenken entsprechend reagierte und nicht weiter nachfragte, ansonsten wäre sie wohl in Erklärungsnot geraten. Ob ihr Gegenüber ihr dies bewusst oder unbewusst erspart hatte, war ihr in diesem Moment dabei nicht wirklich wichtig.
Sein Lächeln deutete sie als Zeichen dafür, dass zumindest ihre Sorge zu neugierig gewesen zu sein, vermutlich unbegründet war. „Geophysik?“ Entgegen Alex’ Vermutung lag in Lornas Stimme ehrliches Interesse. Ohne es zu merken war sie in ihrem Sitz ein kleines bisschen nach vor gerutscht und blickte ihn nun aus grünen Augen heraus aufmerksam an. „Das klingt spannend“, äußerte sie keinesfalls nur aus Höflichkeit. „Ich hab dieses Jahr meinen High School Abschluss gemacht und überlege auch ein Studium, das in diese Richtung geht, anzufangen“, kam auch direkt die Erklärung, warum sie auf das Fach nicht so ablehnend reagierte, wie die meisten. Sie konnte nicht leugnen, dass diese Idee durchaus mit ihren besonderen Fähigkeiten und dem Bedürfnis diese besser verstehen und kontrollieren zu können in Zusammenhang stand, auch wenn jeder andere das unter Umständen als alberne Motivation abgetan hätte.
„Wer weiß... sollte ich doch in New York bleiben, begegnen wir uns vielleicht ja demnächst an der Uni.“ Die Vorstellung erschien ihr in Anbetracht der Tatsache, dass sie aus ganz anderen Gründen hier war und nicht wusste wie sich alles letztendlich entwickeln würde, zwar sehr abwegig, aber sie mochte den Gedanken durchaus, weshalb das Lächeln auf ihren Lippen weiterhin echt war.

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#7

RE: Zug Richtung New York

in Öffentliche Locationen einschließlich Straßen, Parks u.ä. 26.05.2010 18:52
von Alex Summers • Besucher | 19 Beiträge

Alex konnte es sich nicht verkneifen die Augenbrauen hochzuziehen. Er hatte ja mit vielem gerechnet – mit offensichtlich ehrlichem Interesse allerdings nicht. Und Lorna schien es damit wirklich ernst zu sein; wovon er zumindest ausging, obwohl er sie kaum länger als ein paar Augenblicke kannte.
Wie dem auch sei, er fasste sich schnell wieder, die Brauen kehrten an ihren gewohnten Platz zurück und sein Gesicht zeigte sich erneut in einem Lächeln. Der Mutant nickte. „Jah… Also, spannend finden das wohl die Wenigsten, deswegen war ich nun leicht überrascht… Aber es ist cool, wirklich.“ Der Gedanke Lorna demnächst an der Uni zu sehen, besserte Alex‘ Laune gar noch ein Stückchen mehr, auch wenn er sich durchaus bewusst war, dass es ebenso salopp dahin gesagt worden sein könnte. Mussten die Hormone sein, wenn man sich über eine quasi Unbekannte an der Uni so gefreut hätte. Das machte Alex aber überhaupt nichts aus, denn mit Hormonen lebte es sich eigentlich ganz gut.
„Also, ohne jetzt zu überschwänglich die Werbetrommel rühren zu wollen“, erklärte er diese verzeihbare Lüge betont beiläufig, „es lohnt sich.“ Alex nickte zur Bekräftigung seiner Worte, lenkte die Unterhaltung dann aber in andere Bahnen, um nicht zu absonderlich zu wirken.
„Aber du hast vermutlich eh erst mal andere Dinge zu erledigen, als dich mit der Studienwahl auseinander zu setzen.“ Sagt´s und wird sich dessen bewusst, dass er damit quasi in die gleiche Kerbe schlug, die er zuvor geschickt umfahren wollte. Er hatte gar kein Interesse daran zu wissen, was er sich aufgrund dieser Ungeschicklichkeit für einen beiläufigen, aber strafenden Seitenblick von der alten Mrs. Bathgate einfangen würde. Später würde man so etwas einmal als Summers’sche Sorgen bezeichnen können, aber das war eine andere Geschichte. Alex lächelte ein wenig schief, ehe er weiter sprach. „Ähm, sorry, das geht mich nichts an.“

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#8

RE: Zug Richtung New York

in Öffentliche Locationen einschließlich Straßen, Parks u.ä. 27.05.2010 23:47
von Lorna Dane • Besucher | 13 Beiträge

Lorna bezweifelte selbst ohne die Empfehlung ihres Gegenübers keine Sekunde lang, dass es sich lohnen würde, in New York zu studieren und das obwohl sie eben noch am liebsten wieder kehrt gemacht hätte. Sie ertappte sich sogar bei dem Gedanken, diese Möglichkeit ernsthaft in Erwägung zu ziehen, selbst wenn ihr Vorhaben kläglich scheitern würde. Etwas würde sie mit ihrem Abschluss ja ohnehin anstellen müssen und ob sie das letztendlich in LA oder NY tun würde, was machte das schon für einen Unterschied? Ihr plötzliches Hirngespinst stand sicherlich auch mit Alex in Zusammenhang, der im Augenblick gemeinsam mit Mrs. Bathgate praktisch alles war, was sie von der Stadt kannte, und sie konnte nicht leugnen, dass er einen durchwegs netten und vor allem ehrlichen Eindruck auf sie machte. Und gleichzeitig war da immer noch der unterschwellige und recht aussichtslose Wunsch endlich einen Ort zu finden, an dem sie sich einfügen konnte und sich aufgrund ihrer Andersartigkeit nicht länger fehl am Platz fühlen musste. Aber das würde wohl noch eine ganze Weile lang Utopie bleiben und war im Augenblick auch keinesfalls ihr eigentliches Anliegen. Das hatte wohl auch Alex erkannt...

„Schon in Ordnung“, versicherte Lorna und hob beschwichtigend die Hände, kaum hatte er sich für den Einwurf, mit dem er ihre Gedanken zurück in die Gegenwart geholt hatte, entschuldigt. Sie meinte das auch durchaus so, immerhin konnte er nichts dafür, dass sie sich vorhin so kryptisch geäußert hatte. „Du hast damit ja Recht.“
Vermutlich hätte er es ihr nicht übel genommen, hätte sie es damit einfach auf sich beruhen lassen, sicherlich wäre das auch die beste Entscheidung gewesen, aber auf sonderbare Weise hatte sie fast das Gefühl ihm genau die Erklärung schuldig zu sein, die sie vorhin noch gemieden hatte. Und da sie eine sehr schlechte Lügnerin war, blieb ihr da wohl nur die Wahrheit. Sei’s drum... wahrscheinlich würde sie weder ihm noch Mrs. Bathgate je wieder begegnen, wenn sie diesen Zug erst verlassen hatten... Schlimmstenfalls würde sie also ein paar mitleidige Blicke ernten, nichts, womit sie nicht zu Recht kam. Dennoch sah Lorna kurz unsicher auf ihre Schuhspitzen hinab.
„Bevor ich mich mit meiner Studienwahl beschäftige, suche ich in New York eigentlich nach meinem Vater, also... meinem leiblichen Vater.“ Sie biss sich auf die Unterlippe, als sie wieder aufblickte und schwieg einen Moment lang.

„Das klingt nun sicher ganz schön verrückt...“ schob sie dann hinterher, um klar zu stellen, dass sie sich sehr wohl bewusst war, wie einfältig sie damit auf jemanden wirken musste, der nicht in ihrer Situation war. Aber die Hauptmotivation für ihre Suche konnte sie hier auch schlecht preisgeben, denn sie war sich recht sicher, dass weder Alex noch die ältere Dame so seelenruhig ein Abteil mit ihr teilen würden, wenn sie sich darüber im Klaren wären, dass ihnen da eine junge Mutantin gegenüber saß.

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#9

RE: Zug Richtung New York

in Öffentliche Locationen einschließlich Straßen, Parks u.ä. 19.07.2010 20:32
von Alex Summers • Besucher | 19 Beiträge

Alex konnte sich nicht verkneifen eine leicht betroffene Miene zu machen, bei der er die Stirn in Falten legte. Der Anblick wandelte sich allerdings binnen Sekunden zu einem verständnisvollen und vor allem ehrlichen Lächeln.
„Gar nicht“, versicherte er in beiläufigen Tonfall und winkte mit aller Überzeugung ab, die er aufbringen konnte ohne erneut seinen Kaffee zu verschütten. „Ich kann´s verstehen“, urteilte der junge Summers schließlich und nippte kurz an seinem verwunschenen Heißgetränk. „Hätte ich eine auch nur minimale Aussicht darauf, meine leiblichen Eltern kennen lernen zu können, würde ich sie wohl auch sofort ergreifen. Es ist eine Chance, eh?“ Er nickte zuversichtlich zur Bestätigung seiner eigenen Worte, ging aber erst mal nicht näher auf seine eigene Situation ein, da es nun schließlich um seine hübsche Reisebegleitung ging. „Ich hoffe du hast Glück.“
Ein wenig beneidete er Lorna wohl dafür, dass sie zumindest vielleicht Kontakt zu ihrem Vater aufnehmen konnte. Für ihn selbst gab es diese Möglichkeit nicht. Jedenfalls ging er davon aus. Seine Eltern waren tot seit er ein kleiner Junge gewesen war. Ganz einfach und unkompliziert. Er hatte sich damit abgefunden, was es allerdings auch nicht wirklich gut machte.
Das alles änderte allerdings nichts daran, dass Alex Lorna wirklich aufrecht wünschte, das ihre Reise nicht umsonst gewesen sein würde – in welcher Hinsicht auch immer.

tbc: Xavier School for Gifted Youngsters - Garten

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#10

RE: Zug Richtung New York

in Öffentliche Locationen einschließlich Straßen, Parks u.ä. 19.09.2010 21:16
von Lorna Dane • Besucher | 13 Beiträge

Natürlich konnte Lorna nicht mit absoluter Sicherheit sagen, ob Alex seine Beteuerungen ernst meinte oder die junge Frau nicht insgeheim dennoch belächelte, aber trotz ihrer nicht überdurchschnittlich ausgeprägten Menschenkenntnis, hatte sie durchaus das Gefühl, dass er sie selbst andernfalls nicht so dreist belügen würde. Die positive Überraschung in Kombination mit der Anspielung auf seine eigene Familiensituation, ließ ihr allerdings im ersten Moment nicht mehr Reaktionsmöglichkeiten als ein ehrlich gemeintes „Danke.“ begleitet von einem Lächeln, das einen Anflug von Verlegenheit in sich barg.

Nach einer kurzen Atempause, wagte sie dann allerdings doch näher auf das von Alex Gesagte einzugehen, wobei ihr zögerlicher Tonfall durchaus darauf schließen ließ, dass sie erneut befürchtete zu aufdringlich zu sein. „Das heißt... du hast auch keinen Kontakt zu deinen leiblichen Eltern?“, vermutete sie das aus der Aussage heraus eigentlich bereits Offensichtliche. Nach den genauen Umständen wollte sie sich nicht so direkt erkundigen. Sie hatte nicht die Absicht auf Alex zu wirken wie jemand, der Fremden sofort sein Herz ausschüttete und dies im Gegenzug ebenfalls erwartete – vor allem, weil sie im Grunde genau die gegenteilige Art Mensch war; verschlossen und meist etwas abseits, mit einigen engeren Freunden, denen sie ebenso wenig ihr größtes Geheimnis anvertrauen konnte wie jedem anderen. Aber etwas an Alex hatte ihre Neugierde geweckt, ob es nun seine Schusseligkeit, das Geophysikstudium oder das scheinbar ähnliche familiäre Schicksal gewesen war...

Auf diese Erkenntnis würde sie allerdings vorerst ebenso warten müssen wie auf die Antwort ihres Gegenübers, denn ein heftigeres Ruckeln, gefolgt von einem Blick aus dem Fenster ließ sie feststellen, dass der Zug nicht länger in Bewegung war und die Stimme des Schaffners, die im nächsten Augenblick durch den Gang hallte und verkündete, dass sie ihre Endstation erreicht hatten, bestätigte, dass sie endlich am Ziel waren.
Lornas Blick wanderte mit gemischten Gefühlen zwischen Alex und Mrs. Bathgate hin und her, bevor ein leises Seufzen ihre Lippen verließ und sie die kleine Reisetasche, die sie neben ihrem Rucksack bei sich trug, mit der Fußspitze etwas ungeschickt unter ihrem Sitz hervor schob. „Da wären wir dann wohl...“

tbc: Xavier School for Gifted Youngsters - Garten [nach kleinem Zeitsprung]

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