cf: Shaw's Grand Library of the People - Zeitungsarchiv


Kaum aus der Bibliothek draussen, sah Bobby sich wieder leicht nervös um, ob man sie beobachtete oder ihnen folgte, konnte aber nichts entdecken. Vermutlich war er einfach nur paranoid. Er warf Allerdyce einen Blick zu. "Am besten gehen wir in den Park zwei Blocks Richtung Osten, da haben wir sicher unsere Ruhe..." Aber irgendwie neugierig war er eben schon. "Ihr Onkel... ist er auch von Australien her mitgekommen oder lebt er in New York?" Letzteres würde einiges mehr Sinn machen, wenn ihn hier in der Bibliothek eine Studentin als Professor ansprach. Vermutlich lehrte er hier an einer der vielen Unis. Vielleicht kam er ihm deshalb auch bekannt vor.

Nach wenigen Minuten erreichten sie den Bryant Park. Er hatte am Rande ein paar Bäume und Parkbänke, in der Mitte aber eine grosse weite Wiesenfläche, die im Sommer auch meist gut gefüllt war mit jungen Leute, jetzt aber ohne viel Betrieb da lag. Bobby steuerte die Wiese an, wenn sie da einmal quer rüberlaufen würden, könnten sie über alles reden, ohne dass jemand mithören würde, da war er sich eigentlich ziemlich sicher. "Okay... hier müssten wir eigentlich reden können...", noch einmal sah er sich um, dann fixierte er den Australier. "Und warum nochmal interessieren Sie sich für diesen... Untergrund?" wollte er dann erst mal wissen.

cf: Shaw's Grand Library of the People - Zeitungsarchiv

John atmete erleichtert auf, als sie die Bibliothek hinter sich ließen und wieder auf die Straße traten. So im Nachhinein war es schon ziemlich muffig und unangehemt still im Inneren des riesigen Gebäudes gewesen, zwei Zustände, die ihm nicht besonders am Herzen lagen. Hier draußen fühlte er sich schon wohler und es war wohl auch für Bobby angenehm, nicht immer aufpassen zu müssen, dass das Gesprochene auch nicht in falsche Ohren geriet. Nachdem die hiesige Bobby-Version sich versichert hatte, dass sie unbemerkt aufbrechen konnten, schlug er vor in einen Park zu gehen. Der Mutant nickte und sie setzten sich in Bewegung.
Nun, wo er außerhalb des Autos durch die Stadt spazierte, fiel ihm erneut auf, wie bekannt und gleichzeitig unendlich fremd diese Stadt für ihn war. Die Menschen, die Gebäude, aber auch die Atmosphäre an sich... es war ein so vertrautes Bild mit völlig neuen Elementen. Das alles zu verarbeiten war definitiv nicht leicht. Und er durfte sich auch nicht zu sehr von der Kulisse ablenken lassen. Bobby erkundigte sich nämlich gerade nach seinem erfundenen "Onkel."
"Er, ähm..." John zögerte. Wie viel hatte Bobby über Magneto mitbekommen? Sicherlich hatte er gesehen, wie er sich durch die Zeitungen gewühlt hatte und auch wie Leto mit ihm über dieses Projekt gesprochen hatte. Sicherlich ergab es da mehr Sinn, wenn der Onkel nicht auch gerade erst in der Stadt angekommen war.
"Er lebt schon eine ganze Weile hier.", fing er an, das Lügennetz weiter auszuweiten. "Ich bekomme von ihm ein bisschen Hilfe für meine Recherchen. Er ist sehr... Geschichts- und Kulturinteressiert."
Hoffentlich genügte diese Aussage. John wusste zu wenig über diese Dimension und die Möglichkeiten, wie er Magneto glaubwürdig in Zusammenhang mit ihm stellen konnte. Er wusste ja nur das über den John Allerdyce aus dieser Dimension, was Bobby ihm erzählt hatte. Das war also nicht besonders viel.

Im Park angekommen steuerte Bobby eine große Wiese an. Wirklich eine clevere Idee. Hatte man ihm wohl an der Hochbegabtenschule beigebracht, dachte John und grinste. Er zog seine Zigaretten und das Haifischzippo aus der Brusttasche seines Hemdes, klemmte sich eine davon zwischen die Lippen und zündete sie an. Fragend hielt er Bobby die Packung hin. Würde ihn nicht wundern, wenn diese Version seines besten Freundes ebenso ein Gelegenheitsraucher war wie der Bobby, den er kannte. Es war wirklich verrückt, denn genauso fremd und gleichzeitig bekannt wie die Stadt war ihm auch dieser Bobby hier. John wusste so vieles über ihn, über seine Familie, seine Eigenarten, seine Vorlieben, wie er sich bewegte und redete und lachte...
Trotzdem war er furchtbar nervös und hatte Sorge, dass er irgendwas Dummes sagen würde, was nicht hierher passte und nicht zu dem Mann passte, für den Bobby ihn hielt. Er war einfach kein kluger, politisch engagierter Schriftsteller. Nur ei leichtsinniger Typ mit einer Vorliebe für alles Brennbare.

Wieso er sich für den Untergrund interessierte? Das war eine heikle Frage.
Um Zeit zu schinden zog John an seiner Zigarette und sah seinen Gesprächspartner aus dem Augenwinkel an. "Erstens: Hör bitte auf, mich zu siezen. Das finde ich ziemlich seltsam. Und was deine Frage angeht... nun... ich lebe nicht in diesem Land. Trotzdem habe ich einfach das Gefühl, dass hier irgendwas nicht stimmt." Er schwieg ein paar Sekunden lang, dann fügte er hinzu: "Du hast gesagt, dir gefällt an New York, dass es offener ist als Boston. Genau das denke ich auch. Wenn ich irgendwo heraus finden kann, was unter der Oberfläche dieses Landes vor sich geht, dann hier."
Angespannt verfiel er in Schweigen. Hoffentlich war er nicht zu forsch gewesen. Aber er hatte einfach keine Zeit und Energie, um um den heißen Brei herum zu reden.

Bobby nickte. Wie erwartet war Allerdyces Onkel also schon länger hier, daher vermutlich auch der enge Bezug des Schriftstellers zu den USA, der in seinen Büchern immer wieder durchschimmerte. War allerdings ganz schön mutig von ihm, sich auf Recherchen zu diesem Thema einzulassen...

Als die beiden auf die Wiese im Bryant Park zusteuerten, bot ihm der Australier plötzlich eine Zigarette an. Bobby war eigentlich kein Raucher, aber ab und zu qualmte er mit, wenn andere es taten. An Partys oder so. Warum also nicht. Er zog sich eine aus der Packung, beinahe schon ein bisschen ehrfürchtig. Immerhin hatte er es hier nicht mit irgendeiner Zigarette zu tun, sondern mit einer des grossen Allerdyce. Wenn er das jemandem erzählte, was ihm hier passierte, würde ihm das vermutlich keiner glauben. "Cooles Feuerzeug", kommentierte Bobby als er sich die Zigarette anzünden liess.

Schliesslich hatten sie die Wiese erreicht, weit entfernt von neugierigen Ohren. Aus der Ferne sahen sie eh völlig unverdächtig aus, zwei junge Männer, die eine kleine Rauchpause einlegten. Bobby stellte seine Frage, und Allerdyce forderte ihn auf ihn zu duzen und umschrieb dann vorsichtig sein Interesse. Und er hatte sicher recht: Hier in New York hatte er grössere Chancen, zu diesem Thema was rauszufinden als in vermutlich jeder anderen Stadt des Landes. Er nickte. "Ja, da haben Sie...", er unterbrach sich und lächelte entschuldigend, "...ich meine da hast du sicher recht." Gott, war das seltsam ihn zu duzen... Erneut sah er sich um, aber da war wirklich sonst niemand ausser ihnen. "Also... es gibt da eine Bar...", reflexartig sprach er leise, obwohl ihn ja sonst niemand hören konnte. "Und dort haben sie Flyer... unter der Theke... wenn man die richtigen Fragen stellt, rücken sie sie raus..." Wieder sah er sich um. Niemand. "Keine Ahnung, was die richtigen Fragen sind... aber ein guter Freund von mir behauptet, er habe so einen Flyer in der Hand gehabt. Und da drauf steht offenbar, wo der Treffpunkt ist... also wo die sich treffen, die... naja, mit dem System hier ein... Problem haben." Nervös zog er an seiner Zigarette und stiess etwas Rauch aus. Irgendwie kam er sich vor wie in einem Agentenfilm oder so was.

Es war wirklich ein bisschen erschreckend, wie gleich dieser Bobby dem Bobby war, den John seit Jahren kannte und gern hatte. Allein schon die Art, wie er nach der Zigarette griff und sich Feuer geben ließ, das war alles so verdammt bekannt. Es war wirklich schwierig, sich dabei die ganze Zeit daran zu erinnern, dass das hier eben nicht sein bester Freund war, sondern jemand völlig anderes.
"Danke.", sagte er und packte das Feuerzeug samt den Zigaretten wieder in seine Brusttasche. "Ist sowas wie ein Glücksbringer. Es ist immer gut, wenn man Feuer dabei hat..." Den letzten Satz hatte er vor sich hin gemurmelt, denn nun wurde ihm etwas bewusst, was an diesem Bobby hier grundsätzlich anders war. Sie hatten ja eben eine Weile recht nahe an diesem Tisch zusammen gesessen und auch jetzt liefen sie nebeneinander her... und er spürte keine gwohnt-kalte Aura neben sich, die für gewöhnlich von Bobby ausging. Aber er war doch wohl auch in dieser Dimension ein Mutant... oder nicht? Waren es nicht dieselben Gene, die auch hier wirken mussten?

Bevor John sich weitere Gedanken zu diesem Thema machen konnte erzählte Bobby weiter von dieser Bar, über die man Kontakt zum New Yorker Untergrund bekommen konnte und wenn man es richtig anstellte... dann sollte man auf diejenigen treffen, die mit dem System ein Problem hatten. Ubnd das System hier trug ganz eindeutig Shaws Handschrift, womit er an der Wurzel allen Übels angekommen war.
Nur... die Vorstellung,dass Bobby hier möglicherweise kein Mutant war, ließ ihn nicht los. John sah Bobbys nervösen Blick und beschloss, zu reagieren."Lass dir nur Zeit. Ich finde es ziemlich mutig, dass du überhaupt über ein so heikles Thema sprichst.", sagte er, streckte die Hand auf und legte sie auf Bobbys Unterarm - und tatsächlich! Völlig normale Körpertemperatur! Nicht ein bisschen kalt! Leicht irritiert zog John die Augenbrauen zusammen und blickte zu Bobby auf, dann ließ er die Hand wieder sinken. Das hatte jetzt sicherlich seltsam gewirkt. Er räusüperte sich verlegen.
"Wie kann ich zu dieser Bar kommen?", erkundigte er sich dann.

Cooler Glücksbringer... Bobby zog an der Zigarette und atmete ein wenig Rauch aus. Es machte ihn schon ganz schön stolz, dass er nun auch noch Lob bekam von Allerdyce. Dabei..., soooo mutig war das nun auch wieder nicht, hier draussen auf ner Wiese über sowas zu reden. Okay, zugegeben, unter normalen Umständen würde er das nicht tun, klar, aber dies waren ja auch keine normalen Umstände, überhaupt nicht.

Der Australier hörte ihm zu, warf ihm aber gleichzeitig einen merkwürdigen Blick zu, der geradezu seltsam wurde, als er dann plötzlich seine Hand auf Bobbys Unterarm legte. Er sah so aus, wie wenn er dabei etwas realisiert hatte, mit dem er nicht gerechnet hatte. Bobby hob eine Augenbraue, sah erst auf seinen Unterarm und dann verwirrt auf Allerdyce, der sich nun verlegen räusperte. "Ist was?" wollte er wissen.

Als der Schriftsteller nach der Bar fragte, warf Bobby erneut ein paar prüfende Blicke in die Umgebung und schnippte dann etwas Asche von der Zigarettenspitze weg. Sollte er sich jetzt wirklich noch weiter da reinverstricken? Ein paar Sekunden rang er mit sich, dann platze es aus ihm raus: "Ich kann dich hinbringen, wenn du willst. Heute Abend. Die sind nur abends offen. Aber eben, welche Fragen man stellen muss, um an die Flyer zu kommen... keine Ahnung." Nervös zog er an der Zigarette, doch irgendwie überrascht über seinen eigenen Mut. Aber auch aufgeregt, weil sich soeben eine Chance ergeben hatte, sein Idol noch einmal zu treffen und somit diese irgendwie noch immer reichlich unwirkliche Begegnung zu verlängern.

Schnell schüttelte John den Kopf und machte einen halben Schritt rückwärts. "Nein, nein, alles okay. Das war wohl nicht besonders angemessen...", sagte er schnell und merkte erst nachdem er diese Worte ausgesprochen hatte, dass er sich da möglicherweise immer tiefer hinein verstrickte. Statt Bobby eine plausible Antwort für sein Verhalten zu liefern brachte er wohl nur noch mehr Verwirrung in die Situation. Aber wie sollte er die Geste erklären, wenn Bobby doch kein Mutant war. Was, wenn es gar keine Mutanten gab in dieser Welt? war es das, worauf es hinaus lief? Dass er selbst, wenn er als völlig normaler Mensch gelebt hätte, ein erfolgreicher Typ geworden wäre, der um die Welt flog und in Bibliotheken erkannt wurde? Der Mutant war nicht ganz sicher, ob er diesen Gedanken erstrebenswert oder abstoßend finden sollte.
Jedenfalls schuldete er Bobby noch immer eine Erklärung. "So ein Anfass-Tick... weit verbreitet unter Schriftstellern...", plapperte er weiter, weil es der erste Gedanke war, der ihm in den Sinn kam. Einzige Alternative dazu wäre, dass er Bobby angefasst hatte, weil er gerne Männer anfasste und das war eine Gedankenrichtung, in die er in dieser Dimension ebenso wenig denken wollte wie in seiner eigenen.

Es wurde langsam Zeit, wieder zum eigentlichen Thema zurück zu kehren. John schnippste etwas Asche ins Gras und dachte nach. Dass die Bar nur abends geöffnet hatte wunderte ihn nicht. Auch war es absolut verständlich, dass Bobby ihm nicht genau sagen konnte, welche Fragen man stellen musste. Die einzige noch zu bearbeitende Baustelle war, dass es sicherlich besser wäre, wenn John mit Magneto, dem richtigen Bobby und Leto dorthin gehen würde.
"Wäre es nicht viel ungefährlicher, wenn du mir einfach die Adresse nennst? Ich habe ein bisschen Erfahrung bei Recherchen in brenzligen Gegenden. Und ich würde außerdem gerne ein paar Bekannte mitbringen, die mir bei den Recherchen helfen. Meinen Onkel hast du ja bereits gesehen.", sagte er und lächelte so ungezwungen wie möglich.

Allerdyces Verhalten wurde nun ein bisschen seltsam. Anscheinend war ihm etwas peinlich, aber Bobby war nicht so richtig klar, was ihm so peinlich war. Es war auch nicht das Anfassen an sich, über das er sich gewundert hatte (wer würde sich sträuben, von seinem Idol angefasst zu werden?!), es war mehr das ganze Drumherum, das ihm merkwürdig vorkam. Es war zudem ein Verhalten, das nicht so richtig passte zu dem Rest, den er heute Nachmittag erlebt hatte. Anfass-Tick? Weit verbreitet unter Schriftstellern? Bobby runzelte die Stirn, zuckte dann aber mit den Schultern. "Schon okay, kein Problem", versuchte er den Australier zu beruhigen und nahm einen Zug von der Zigarette. Er wollte nicht, dass Allerdyce sich seinetwegen unwohl fühlte, das war wirklich das letzte, was er wollte. Er hielt ihm seinen Arm hin. "Du kannst ruhig nochmal, wenn du willst." Was immer es ihm brachte. Fühlte sich allerdings noch immer extrem bizarr an, ihn zu duzen.

Doch schliesslich ging es wieder um die Bar, und was Allerdyce sagte, machte durchaus Sinn. Es war deutlich ungefährlicher für ihn, wenn er sich von dort fernhielt. Nur... das hiess auch, dass er sein Idol dann nicht wiedertreffen würde. Nachdenklich verzog Bobby das Gesicht und rieb sich dann die Stirn. "Ich hab' aber schon kein so gutes Gefühl, dich da nun alleine reinlaufen zu lassen... ist ja immerhin nur was, was ich vom Hörensagen habe..." Er schnippte etwas Asche von seiner Zigarettenspitze weg. Und wer wohl diese Bekannten waren? Bestimmt sein Onkel, klar, aber da waren also noch mehr? "Die Bar heisst Starlight Lounge", rückte er dann aber doch mit der Information raus. "Sie ist an der 56. Strasse zwischen 8. und 9. Avenue. Offenbar ein ziemlich kleiner Schuppen, aber von aussen klar angeschrieben." Bobby hoffte dennoch sehr, dass Allerdyce ihn einladen würde mitzukommen.

Die ganze Sache schine für Bobby viel weniger seltsam gewesen zu sein als John es sich ausgemlt hatte. Nun, umso besser. Vielleicht gab es ja doch ein paar gravierendere Unterschiede zwischen dieser Version von Bobby Drake und jener Version, die er kannte. Immerhin war sein Bobby ein Mutant und dieser hier war es nicht. Ein fundamentaler Unterschied, denn ein Mutant zu sein veränderte alles. Man sah es ja auch an seinem Doppelgänger in dieser Dimension: Hier war er kein Mutant und was war aus ihm geworden? Ein berühmter Schriftsteller!
"Nein, danke.", schlug er Bobbys Zugeständnis aus, ihn noch einmal anzufassen. Ob Magneto, Leto und der richtige Bobby schon darauf gekommen waren, wie es mit den Mutanten in dieser Dimension stand bzw. dass diejenigen, die eigentlich Mutanten sein sollten, keine waren?!

Sein Vorschlag, alleine in die Bar zu gehen, wurde von Bobby nicht allzu begeistert aufgenommen. Vielmehr machte sein Fan ein nachdenkliches Gesicht. "Ich wäre ja nicht ganz alleine.", warf John erneut ein. Ohne die Unterstützung der anderen in einen vermeindlichen Rebellenstützpunkt zu laufen wäre wohl wirklich nicht die klügste aller Ideen. "Und ich würde mich wirklich nicht wohl dabei fühlen, wenn du dich in Gefahr begibst. Bitte, tu mir den Gefallen. Wenn alles glatt läuft spendiere ich dir danach ein kühles Bier."
Auffordernd hob John die Brauen und hoffte darauf, dass Bobby ihn nicht verstimmen wollte. Tatsächlich rückte er kurz darauf mit der Information heraus. Starlight Lounge an der 56. Straße. Okay. Damit hatte er die Informationen herausgefunden, die er brauchte. "Danke, Bobby. Ehrlich. Gibt's irgendwas, was ich für dich tun kann? Ein Autogramm oder so?" Noch immer kam er sich ziemlich dämlich dabei vor, sich wie eine Berühmtheit zu geben. Aber bisher hatte es ihm nur geholfen und das würde es hoffentlich auch weiterhin.

Bobby zog seinen Arm zurück und nickte. Auch gut. Aber irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass es eine ganze Menge gab, das Allerdyce ihm nicht erzählte. Idol hin oder her... Sein Zögern mit dem Namen der Bar rauszurücken beantwortete der Australier mit einer Charmeoffensive und einem klaren Angebot. Und letztlich konnte er dem Schriftsteller eine solche Bitte ja wohl kaum abschlagen.

"Ein kühles Bier... und ein Bericht mit allen Details, was genau passiert ist dort", feilschte Bobby und sah ihn an. Es war natürlich sehr ehrenwert von ihm, dass er ihn nicht in Gefahr bringen wollte, aber der Student war schon extrem neugierig, was dort genau abging. Um Allerdyce selbst wiederum machte er sich wenig Sorgen. Er und seine 'Bekannten' konnten bestimmt gut auf sich aufpassen. Schliesslich rückte er raus mit Namen und Adresse, noch bevor Allerdyce Konzessionen gemacht hatte.

Der war sichtlich dankbar. Bobby grinste. "Ein Autogramm wäre cool..." Siedendheiss realisierte er, dass er sogar eine Taschenbuchausgabe von Allerdyces zweitem Buch dabei hatte, in seiner Tasche. Schnell nestelte er darin herum und fischte es schliesslich mit einem triumphierenden "Ha!" raus. Er hielt es dem Schriftsteller hin. "Und bitte mit Widmung..." Mit der anderen Hand führte er die Zigarette zum Mund und sah sich dann mal wieder kurz um, aber sie waren weiterhin praktisch allein auf der Wiese, die sie inzwischen auch fast überquert hatten.

Er sah zu, was Allerdyce mit dem Buch machte, aber er war auch furchtbar neugierig, wie es nun weiter ging."Wann hast du denn vor, zur Bar zu gehen?"

Johns Plan war anscheinend voll aufgegangen, Bobby sah davon ab, ihn zu der Bar begleiten zu wollen und nahm stattdessen das Bier-Angebot an. Natürlich stand es noch völlig in den Sternen, ob John dieses Versprechen einlösen würde, aber es war gut, sich die Möglichkeit offen zu halten, Bobby als Informationsquelle auch weiterhin anzapfen zu können. Und falls sie in der Bar alles herausfanden, was sie brauchten, tja... dann würde der Dimemsions-Bobby schon nicht daran sterben, wenn man ihn versetzte.
"Falls ich etwas herausfinde, klar." Es war kein Problem, Bobby auch diesen Zusatz zu gestatten. Im Zweifelsfalle würde er einfach nicht auftauchen. So leicht war das zu regeln... Magneto würde es wahrscheinlich sowieso nicht gutheißen, da es immer bedeuten würde, dass die Gruppe sich trennen musste. Immerhin konnten sie schlecht den Bobby aus dieser Dimension mit dem Original an einen Tisch setzen.

Das Angebot mit dem Autogramm nahm Bobby ebenfalls an, nestelte kurz in seiner Tasche und hielt ihm dann ein Taschenbuch hin. John gab sich Mühe, keine zu großen Augen zu machen, als er das Buch in die Hand nahm und das Cover betrachtete. St. John Allerdyce, Feuerkinder. Verrückt, dass sein Doppelgänger in dieser Dimension gerade einen solchen Titel gewählt hatte. Er warf einen kurzen Blick auf die Rückseite und überflog den Text. Anscheinend ging es um Kinderarbeit oder sowas. Wow, ziemlich cool.
Er drehte das Buch wieder herum, lächelte Bobby zu und sagte: "Hast du einen Stift dabei?" Wie sollte er eigentlich unterscheiben? Mit vollem Namen? Nur John? J. Allerdyce? St. J. Allerdyce? Johnny A.?
Bobbys Frage nach der Bar riss ihn aus dieser Gedankenschleife. "Direkt heute Abend, schätze ich. Je schneller ich mit meinen Nachforschungen voran komme, desto besser." Das würde er natürlich noch mit den anderen besprechen müssen, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass irgendjemand eine heißere Spur gefunden hatte.

"Gut", Bobby nickte. Dann hatten sie einen Deal. Auf diese Weise hatte er zumindest einen guten Grund, sein Idol nochmals wiederzusehen, bevor er dann vermutlich wieder nach Australien zurückreisen würde. Aber dem Student entging Allerdyces Zögern nicht, und er wurde den Verdacht nicht los, dass der Schriftsteller nicht mit komplett offenen Karten spielte. Was ja eigentlich okay war. Wer war er denn schon? Ein kleines Licht, ein Fan, einer, der zufälligerweise einen nützlichen Schnipsel Information hatte, mehr nicht.

Allerdyce war im Übrigen sichtlich erfreut, dass Bobby eines seiner Bücher auf sich trug. Beinahe schon ehrfürchtig sah er es sich an. Bobby beobachtete ihn genau. Vielleicht war es ein besonderes Gefühl, so direkt mitzukriegen, dass man geschätzt und gelesen wurde? Auf der anderen Seite musste ihm doch sowas andauernd passieren. Oder? "Ja, klar..." Bobby nestelte erneut in seiner Tasche und produzierte einen Stift, den er ihm hinhielt. Er war schon gespannt auf die Handschrift, und was genau der Autor jetzt schreiben würde. Dass es seltsam war, dass jemand, der sein Geld mit schreiben verdiente, keinen Stift auf sich trug, fiel ihm gar nicht auf.

Gleichzeitig nahm er zur Kenntnis, dass Allerdyce und seine 'Bekannten' schon an diesem Abend in den Club wollten. Und während er die Information noch aufnahm, formte sich eine Idee. Was, wenn er auch hinging? Einfach so? Sich unauffällig im Hintergrund hielt? Einfach nur... beobachtete? Er müsste natürlich sicherstellen, dass Allerdyce ihn nicht sah, weil..., naja, vielleicht nahm er ihm das übel, und das wollte Bobby auf keinen Fall. Aber das liess sich bestimmt irgendwie vermeiden, oder? Er war einfach zu neugierig, was sich da abspielen würde. "Ja klar", sagte er bloss, "macht Sinn." Er nickte und sah Allerdyce beim Schreiben zu. "Wo recherchierst du denn noch so auf deinem US-Trip?" wollte er dann wissen, weiterhin neugierig und in der Hoffnung, die Begegnung noch ein wenig länger aufrecht zu erhalten.

John nahm den Stift entgegen. Er hatte sich noch immer nicht entschieden, wie er unterschreiben sollte... aber das war ja eigentlich auch total egal, oder? Hauptsache war doch, Bobby war zufrieden und dadurch vielleicht bereit, noch weitere Informationen preis zu geben. Denn wenn er einmal einen so redseligen Einheimischen gefunden hatte, wäre es blöd, das nicht völlig auszunutzen.
Er schlug die erste Seite auf und überflog die Widmung. Blinzelte. Atmete tief ein und aus und setze den Stift dann unter die paar Buchstaben an, aus denen hervor ging, dass der John aus dieser Dimension das Buch seinen Eltern und Geschwistern gewidmet hatte...

Für Bobby, danke für die Hilfe. John

„Hier...“, sagte er, klappte das Buch schnell wieder zu und gab es Bobby mitsamt dem Stift wieder zurück. Ihnen ein Buch zu widmen, pah. Wie schön, dass die Allerdyces in dieser Version der Erde eine total harmonische Familie zu sein schienen. Das war doch einfach zum kotzen.
John schnippste seine Zigarette ins Gras, wo sie mit einem kleinen Zischen in Rauch aufging und verbrannte. Mist, das hätte nicht passieren sollen. Aber auf solche Kleinigkeiten zu achten lag gerade nicht wirklich im Rahmen seiner Möglichkeiten und wahrscheinlich war es Bobby eh nicht aufgefallen.
Er überging Bobbys Frage nach den weiteren Zielen seiner Recherche. Es gab jetzt einfach Wichtigeres für ihn, nämlich die Situation der Mutanten in dieser Dimension. Gab es keine? Gab es noch keine oder lebten sie versteckt? Und wie konnte es sein, dass all ihre Leben so anders schienen ohne ihre Mutationen.
„Es gibt da noch etwas, was mich interessiert.“, sagte er und zündete sich erneut eine Zigarette an. Das Feuer fackelte dabei ein bisschen zu hoch, aber er war zu erregt, um sich und seine Kräfte völlig unter Kontrolle zu halten. „Gibt es hier oder irgendwo anders auf der Welt... Menschen mit besonderen Fähigkeiten? Die über das normale Menschenmögliche hinausgehen?“

Allerdyce schien für ein paar Sekunden in seinem eigenen Buch zu lesen. Bobby fiel es allerdings sehr schwer, seinen Gesichtsausdruck dabei zu interpretieren. Irgendwas schien ihn dabei zu irritieren, beinahe zu ärgern. Was allerdings wenig Sinn machte. Vermutlich sah er das falsch. Jedenfalls kritzelte er nun in das Buch, klappte es dann schnell zu und streckte es in seine Richtung. Bobby griff danach und konnte nicht anders als es schnell aufzuschlagen und reinzusehen. Er las und lächelte. Das war cool, ziemlich persönlich. Und quasi eine offizielle Anerkennung, dass er ihm geholfen hatte. Der Student klappte das Buch zu und verstaute es samt Stift wieder in seine Umhängetasche. "Danke." Er sah ihn an. "Und: gern geschehen. Wirklich."

Das mit der Zigarette im Gras war ihm nicht aufgefallen, dass sich der Schriftsteller allerdings sofort die nächste ansteckte, das schon. War er nervös? Auch das starke Flackern registrierte er, dachte sich aber nichts weiter bei. Hingegen sah er bei Allerdyces nächsten Worten aufmerksam in dessen Augen. Noch etwas, das ihn interessierte? Und von dem er glaubte, Bobby könnte mehr wissen als er? Die Frage, die dann allerdings folgte, liess ihn die Stirn runzeln, und eventuell guckte er sogar ein bisschen verständnislos. "Fähigkeiten, die über das normale Menschmögliche hinausgehen?" wiederholte er. "Zum Beispiel was?" Er konnte sich nicht so richtig vorstellen, was Allerdyce damit meinte.

Es tat ihm wirklich nicht leid, das Buch in Bobbys Tasche verschwinden zu sehen. Der Gedanke daran, dass das Leben, dass seine andere Version in dieser Dimension führte vielleicht schöner war als jenes Leben, das er sein eigenes nannte, wollte sich ihm immer wieder aufdrängen. Es brauchte wirklich einige Kraft, ihn wieder zurück zu drängen. Was brachte es auch, solche Dinge zu denken? Er konnte ja doch nichts mehr ändern und eigentlich wollte er es auch nicht. Seine Mutation aufgeben, nur um Bücher zu schreiben und Weihnachten mit Mami und Papi zu feiern? Niemals, das war einfach undenkbar.

Das Stirnrunzeln, das auf seine Frage von Bobbys Seite aus folgte, ließ ihn bereits ahnen, dass es in dieser Dimension wirklich sehr mau aussah mit Mutanten. Als er seinen Fan wegen Shaw's Regime gefragt hatte, hatte er zwar auch nicht gleich damit rausgerückt, aber man hatte ihm deutlich angesehen, dass er was wusste. Nun aber sah er ehrlich verständnislos aus. Hm.
"Ich habe mal gehört, dass es Menschen geben soll, die... irgendwie mutiert sind und deshalb seltsame Sachen können. Gedanken lesen, fliegen, die Elemente kontrollieren...", zählte er einiges auf und sah Bobby lächelnd an. "Ich weiß noch nicht so genau, was ich davon halten soll. Ob etwas dran ist oder ob das nur Märchengeschichten sind..."
Shaw und Emma Frost waren doch aber in dieser Dimension trotzdem Mutanten, oder? Wie sonst sollten sie es geschafft haben, sich das ganze Land unter den Nagel zu reißen? Geld und Machthunger waren ja sicher auch bei anderen Menschen vertreten und nicht nur bei Shaw...