Bobby nickte, dankbar. Auf John war Verlass. Dann würden sie diesen Trip also tatsächlich machen. Die Frage war nun noch, mit oder ohne Leto? Und ob sie sich dafür noch den Segen der Schulleiter holen sollten oder einfach losziehen. Bobby fragte sich, ob sie überhaupt etwas machen konnten, ohne dass es Xavier mitkriegen würde. Und nach der Aktion gestern mit der Demo und dem Gefängnis standen sie vielleicht eh unter Beobachtung. Jedenfalls, was Leto betraf: Sie hatte vorhin nicht gerade so gewirkt, als ob sie wild drauf war, mit ihnen beiden noch mehr Zeit zu verbringen... Das alles war ihr wohl ein bisschen peinlich gewesen. Trotzdem... fairerweise sollten sie sie zumindest fragen. Er sah John an. "Dann fragen wir später Leto, ob sie noch immer mitkommen will?"

Dass der Feuermutant zugab, dass auch er etwas gespürt hatte bei dem Kuss gestern Nacht, war für Bobby die Bestätigung, dass sie das nicht einfach so auf sich beruhen lassen sollten. Es war... aufregend gewesen. Aber John blieb skeptisch und bohrte weiter. Was versprach er sich davon? Hm. Noch während er über eine Antwort nachdachte, legte John nach. "Ich auch nicht", beteuerte Bobby, "naja, also jedenfalls nicht, dass ich davon je was gemerkt hätte..." Er fuhr sich durch die Haare und sah zur Seite. "Ich weiss nicht... ich meine..., es war aufregend Leto zu küssen... und... also... als sie mir über den Körper geleckt hat..." Bobby grinste und rollte mit den Augen, um klar zu machen, wie geil er das gefunden hatte. "Aber, das mit dir war... anders... ging irgendwie... weiss auch nicht... tiefer..." Er sah John an und zog ein bisschen nervös an seiner Zigarette. "Ich weiss nicht, was ich mir davon verspreche, ich will einfach wissen, ob sich derselbe Effekt auch ohne Drogen einstellt. Und wenn du es auch gespürt hast..." Er hob die Schultern. "Wenn ich ein Mädchen wär', würdest du keine Sekunde zögern, oder?"

Darüber, dass die beiden Schulleiter ihnen vielleicht den Trip versauen könnten, machte John sich keine Gedanken. Sie waren immerhin freiwillig hier und seiner Meinung nach war es ihre Pflicht als junge Menschen, sich vom Strom des Lebens tragen zu lassen. Punkt. Kein Diskussionsbedarf an dieser Stelle.
Was Leto betraf hatte er fast schon geahnt, dass Bobbys gutes Herz es nicht über sich bringen würde, sie einfach nicht einzuweihen und ohne sie zu fahren. Obwohl John immer noch fest davon überzeugt war, dass alles nur komplizierter werden würde, wenn sie das Mädchen mitnahmen.
„Du musst tun, was du tun musst.“, sagte er und gab sich erst gar keine Mühe, Begeisterung zu heucheln. Bobby wusste, wie er darüber dachte. Aber er war seine Stadt und seine Familie und streng genommen auch seine Idee gewesen, daher überließ John es seinem besten Freund, diese Entscheidung zu treffen.

„Danke, Mann. Ich hab mir schon Sorgen gemacht.“, reagierte John auf Bobbys Bestätigung, dass er auch nicht schwul war und dass ihm die Sache mit Leto gestern ziemlich zugesagt hatte. Der Feuermutant war nicht sicher, ob und wie er damit umgehen könnte, wenn Bobby ihm wirklich plötzlich eröffnen würde, dass er einzig und allein auf Männer stand.
Allerdings wurde seine aufkommende Erleichterung direkt wieder gedämpft. Bobby ließ nicht locker, aus irgendeinem Grund schien ihm diese Sache ziemlich wichtig zu sein. Und genau das ließ John irgendwie... nervös werden.
„Sieh mal, Bobby... ich hab mehr Erfahrungen mit solchen Sachen und die Dinge, die du im Rausch erlebst, lassen sich nicht einfach... wiederholen.“, setzte er erneut an und versuchte, Bobby diese Idee auszureden. Als dieser jedoch sagte, dass John nicht zögern würde, wenn er ein Mädchen vor sich hätte, musste der Australier breit grinsen.
„Kommt drauf an, wie heiß und ungezogen du als Mädchen wärst.“, sagte er ehrlich und zog an seiner Zigarette.

John war offensichtlich nicht sonderlich angetan von der Idee, Leto dabei zu haben. "Ich denk' halt, es wär nicht fair sie nicht zumindest zu fragen... aber nach allem, was letzte Nacht passiert ist, wird sie eh nicht wollen." Zumindest war Bobby sich da ziemlich sicher. Okay, vielleicht war ein Teil von ihr auch irgendwie auf den Geschmack gekommen und wollte mehr, aber der Eismutant hatte den Verdacht, dass dieser Teil unter normalen, nicht drogenbestimmten Umständen ziemlich tief begraben lag.

Bobby lächelte leicht angesichts von Johns erleichterer Reaktion. "Vielleicht bin ich ja bi", erklärte er dann und genoss es ein bisschen, seinen sonst so coolen Freund etwas nervös zu machen. "Ist doch total trendy im Moment... ist nicht David Bowie bi?" Mit einem Nicken gestand er John zu, dass er in diesen Dingen mehr Erfahrung hatte, Drogen... Sex... Bad Boyishness... und grinste dann auch breit bei Johns Überlegungen, wie Bobby als Mädchen sein müsste. "Immerhin hab' ICH uns gestern ins Gefängnis gebracht, das müsste mir doch ein paar Punkte auf deiner Ungezogenheits-Skala bringen, oder?" Er lachte. "Und Leto fand mich mindestens so heiss wie dich..."

Seltsamerweise steigerte Johns Unbehagen sein Selbstbewusstsein in dieser Sache. Vielleicht auch weil es so ungewöhnlich war, dass er etwas 'Verbotenes' vorschlug und John zögerte. Normalerweise war es umgekehrt. "Komm schon, Johnny, was ist dabei? Du bist doch sonst immer für alles zu haben... Warum hier so uncool?" provozierte er ein bisschen und blies cool etwas Rauch von seiner Zigarette in die Luft, während er ihm fest in die Augen sah.

John hoffe auch darauf, dass Leto von der gestrigen Aktion so abgeschreckt sein würde, dass sie sich nicht auf einen Trip mit ihnen beiden Einlassen würde. Denn ehrlich gesagt hatte John nicht vor, auf Drogen und Alkohol zu verzichten, erst recht nicht, wenn sie unterwegs waren. Andererseits, falls Leto sich plötzlich doch als abenteuerlustig heraus stellte, wäre zumindest schon ein Abendprogramm für die Notfälle gefunden.
„Jaja, ich weiß.“, sagte er, damit Bobby aufhörte, sich zu rechtfertigen. Sie wussten beide, dass er es eh nicht mit seinem Gewissen vereinbaren konnte, Leto einfach nichts zu sagen und abzuhauen.

Bi? Johns gerade wieder erlangte Sicherheit fiel wieder ein bisschen in sich zusammen. Er wollte sich über sowas keine Gedanken machen, verdammt. An sich war das ja kein Problem, John hatte nichts gegen Leute, die sich halt mehr fürs eigene Geschlecht interessierten (besonders wenn es zwei schöne Mädchen waren), aber kurz nach einem Drogen-Kuss-Experiment überforderten ihn solche Meldungen ziemlich.
„Versuchst du gerade tatsächlich, mir zu erklären, warum ich dich... ungezogen und deshalb küssenswert finden sollte?“, fragte er ungläubig und pustete Rauch in die Luft.
Bobbys plötzlich aus dem Nichts aufgetauchtes Selbstbewusstsein machte die ganze Sache für ihn dann aber doch irgendwie leichter. Es war einfacher, einem selbstbewussten Freund etwas abzuschlagen als einem, der unsicher war und herum druckste.
„... sagte derjenige, dessen Hose wahrscheinlich noch nicht ganz wieder getrocknet ist.“, fügte John mit erhobener Augenbraue hinzu, dann seufzte er. Sah aus, als würde Bobby wirklich nicht locker lassen.
„Okay. Wenn du mir sagst, dass es dir SO wichtig ist, dass du niemals wieder Ruhe geben wirst mit dieser Schnapsidee. Aber nur unter einer Bedingung, sonst kannst du das vergessen.“

Bobby nickte. Gut, dann war das geklärt. Sie würden nach Boston fahren, und er würde Leto fragen, ob sie mitkommen wollte, in der Annahme, dass sie dankend ablehnen würde. Und vermutlich würde er auch noch den Professor informieren, nicht fragen, informieren. Nach der Gefängnisaktion am Vortag war er ihm das schuldig, fand er - auch wenn John das vermutlich anders sah. Sein Respekt vor Autoritäten war grundsätzlich deutlich niedriger.

Die leicht angeknackste Selbstsicherheit des Feuermutanten kam bei Bobby ganz gut an. Es kam so selten vor, John leicht verunsichert zu erleben, dass man es auskosten musste, wenn es mal passierte... Er grinste. "Ich will nur festhalten, dass ich mich grundsätzlich für überaus küssenswert halte... und du nicht das Monopol auf Ungezogenheiten hast." Er zuckte mit den Schultern. "Okay, okay, ich geb' zu, dass wenn du gestern Nachmittag mit dieser Idee zu mir gekommen wärst, ich vermutlich ähnlich reagiert hätte wie du heute, aber gestern Nacht hat sich was verändert... und ich will rausfinden, was es ist." Er sah ihn nun ernst an. "Du bist mein bester Freund, wen wenn nicht dich kann ich fragen mir dabei zu helfen?"

Und tatsächlich schien sein hartnäckiges Bohren langsam Wirkung zu zeigen: John signalisierte Konzessionsbereitschaft. Unter Bedingungen. Bobby legte die Stirn in Falten und musterte ihn. Nutzte der Feuermutant die Gelegenheit, von ihm irgendwelche Zugeständnisse zu kriegen? Zum Beispiel: Künftig immer alle Hausaufgaben abschreiben zu können... oder... seine Unordnung von nun an im ganzen Zimmer ausbreiten zu dürfen... oder... hm. "Bedingung? Was für ne Bedingung?" Bobby sah ihn fragend und ein bisschen misstrauisch an.

Er konnte nicht anders, als mit den Augen zu rollen. Da nutze Bobby doch tatsächlich diese Situation, um seinen Selbstwert zu pushen, also wirklich.
„Jaha, jetzt halt mir keine Predigt, Bad Boy.“, lachte der Feuermutant und ließ den Stummel, der von seiner Zigarette übrig geblieben war, in seine Handfläche rollen, wo er in einer hellen Stichflamme verbrannte. Irgendwie war es lustig, was Bobby sich auf ihren gestrigen Gefängnisbesuch einbildete. Denn wenn man bedachte, dass sie unschuldig wegen einer Friedensdemo eingebuchtet worden waren, klang es schon nicht mehr so nach Ungezogenheit. Aber das wusste sein bester Freund sicherlich selbst, irgendwo waren da ein paar Synapsen, die sich gerade taub stellten.

Bobbys Appell von wegen bester Freund zeigte Wirkung. John nickte vor sich hin. Er hatte erst in den letzten Jahren gelernt, wie essenziell es war, jemanden wie einen besten Freund in seinem Leben zu haben, ganz besonders, wenn die Eltern sowieso nicht zugänglich waren.
„Bedingung Nummer Eins: Du lässt mich danach in Ruhe mit diesem Thema. Bedingung Nummer Zwei: Ich habe etwas gut bei dir, das ich zu einem mir passend erscheinenden Zeitpunkt einlösen kann. Ohne Diskussion.“ John grinste breit. Da würde sich bestimmt was finden lassen. Viel eher musste er aufpassen, dass er diesen Bonus nicht einfach wegen Faulheit verprasste und Bobby Zigaretten kaufen schickte.
„Und Nummer drei: Ich darf mich vorher zudröhnen, womit ich will.“ Immerhin wollte ja nur Bobby wissen, wie es war, im klaren Bewusstsein einen Mann zu küssen. John war bei diesem Gedanken immer noch ein bisschen mulmig, auch wenn er natürlich nicht irgendwer war und Bobby deutlich gemacht hatte, dass es eigentlich um ihre unterschiedlichen Mutationen ging.

Auch Bobby musste lachen als John ihn als 'Bad Boy' bezeichnete, hörte dann aber aufmerksam zu als der wahre Bad Boy seine Bedingungen präsentierte. "Hey...", protestierte er dann, "...hast du nicht von EINER Bedingung geredet?" Er grinste und schüttelte den Kopf. Insbesondere die zweite würde er vermutlich irgendwann bereuen, da war er fast sicher. Das war ein Blankocheck wie er im Buche stand, und Bobby ahnte jetzt schon, dass John ihn für etwas einlösen würde, das ihm unangenehm sein und dem Feuermutanten die grösstmögliche Befriedigung bringen würde.

"Mhh...", brummte Bobby. "Bedingung Nummer Eins ist kein Problem, wenns drum geht, dass ich bi bin. Aber was, wenn das nicht der Punkt ist, sondern die Feuer-Eis-Sache?" Er sah ihn an, hob einen Finger und rezitierte aus heiterem Himmel:
"Some say, the world will end in fire,
Some say in ice.
From what I've tasted of desire
I hold with those who favor fire.
But if I had to perish twice,
I think I know enough of hate
To say that for destruction ice
Is also great
And would suffice.

Robert Frost." Erklärte er dann. "Was wenns bei Feuer und Eis eben nicht nur um Zerstörung geht, hm?" Er sah ihn an. "Die anderen beiden Bedingungen sind okay. Auch wenn ich jetzt schon weiss, dass ich die zweite bereuen werde." Er lächelte schief. "Ich kenn' dich doch." Und obs dann wirklich keine Diskussionen geben würde, wenns soweit war, würde man sehen müssen. Aber selbstverständlich würde Bobby ein Versprechen immer halten, das er gegeben hatte.

John hob eine Schulter und winkelte sein Bein an, um mit dem Stuhl ein bisschen nach hinten zu kippen. „Eine Bedingung? Nein, da musst du dich verhört haben, das kann nicht wirklich ich gewesen sein. Viel zu zurückhaltend.“, erklärte er dann schmunzelnd und schüttelte eine neue Zigarette aus der Packung. Die nervöse Erregung, die dieses Gespräch immer noch bei ihm auslöste, war immer noch nicht abgeklungen und wurde soweit es ging mit Nikotin bekämpft.

Beinahe analytisch ging Bobby nun dazu über, seine Bedingungen abzuwägen. Der Gedanke, dass sein bester Freund vielleicht schwul oder bisexuell war, stieß ihm immer noch ein bisschen sauer auf. Aber Bobbys nächster Gedanke toppte das gleich um Längen. Denn... wenn das stimmte, was er da behauptete, dann waren sie aufgrund ihrer Mutationen dazu bestimmt... was?
John blinzelte ein bisschen irritiert, als Bobby plötzlich begann, ein Gedicht vorzutragen. Allerdings war diese Irritation schnell verflogen und der Australier genoss die Kunst der Worte, die ihm nahe gelegt wurde. Nicht viele wussten, dass John eine große Leidenschaft für Literatur hegte. Solange es keine staubtrockenen Sachbücher waren.
„Wenn es nicht nur um Zerstörung geht? Worum geht es dann?“ John wusste, worauf Bobby hinaus wollte, aber er hoffte, dass er sich vielleicht täuschte. „Sieh mal, wie lange sind wir nun schon Freunde? Wir hängen fast täglich stundenlang zusammen rum. Meinst du nicht, da hätte sich schon vorher irgendwas irgendwie... gemeldet?“

Dass Bobby ihm abgesehen von diesem Denkanstoß in lyrischer Form seine Bedingungen zugestand fühlte sich leider nur an wie ein Tropfen auf dem berühmten heißen Stein. Aber nun konnte er erst recht nicht mehr kneifen. Höchstens darauf spekulieren, dass seinem Kumpel doch noch klar wurde, was er da eigentlich tun wollte.

Bobby lächelte schief. Stimmt, eine Bedingung wäre wirklich viel zu zurückhaltend für Johns Verhältnisse. Vermutlich musste er froh sein, wenn ihm nicht noch ein paar mehr einfielen... Johns Reaktion auf seine Frost-Rezitation war überraschend interessiert, kein Spott, kein Grinsen, im Gegenteil. Mochte der Feuermutant etwa Gedichte? Oder lag es nur daran, dass dieses so sehr auf sie beide zugeschnitten schien? Auf jeden Fall war er danach offen für Diskussionen und bestand nicht stur auf seiner Bedingung Nummer Eins. Vorerst.

Der Eismutant zuckte mit den Schultern. "Weiss nicht, wir beide haben die gegensätzlichst möglichen Kräfte, trotzdem sind wir Freunde, gute Freunde. Wir sind nicht unvereinbar wie Feuer und Eis... alleine das sagt doch schon ne Menge irgendwie." Er sah auf Johns Zigarette und unterdrückte das Bedürfnis ihn nach einer weiteren für sich selbst zu fragen. "Ich geb' zu, ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass da noch was sein könnte, wenn das gestern Nacht nicht passiert wäre, aber nun wo es passiert ist... will ich wissen, ob das nichts als eine drogeninduzierte Überreaktion war oder ob..." Er sah John an. "Fuck, Johnny, ich... ich hab' schon ein paar Mädchen geküsst, aber noch nie hab ich DAS dabei gefühlt. Und wenns 'nur' um dich ginge, ja, dann hätte sich ganz sicher vorher schon was gemeldet. Aber ich glaube es geht um unsere Kräfte. Und dass wir davon bisher nichts gemerkt haben..." Wieder zuckte er mit den Schultern. Sie hatten sich eben noch nie richtig berührt, vorher. Nicht wirklich. Trainiert ja, ihre Kräfte gemessen, klar, aber immer nur in der Konfrontation.

Er sah John weiterhin unentwegt an. "Warum betrachten wirs nicht einfach als ein weiteres Experiment mit unseren Kräften? Wir haben alles schon erdenkliche mit ihnen ausprobiert und getestet... und würden wir uns nicht so gut kennen, würde ich das jetzt hier auch nicht vorschlagen. Aber so... who cares, dass wir zwei Kerle sind? Ich nicht."

Satt die Diskussion fallen zu lassen schienen sie sich nur noch tiefer hinein zu verstricken. Und irgendwie war es ja auch interessant, das konnte er nicht leugnen. Feuer und Eis, sicher, er konnte verstehen, dass Bobby da ein gewisses Potential sah. Es war nur die Ausführung des diskutierten Experiments die ihm immer noch nicht so ganz behagte.
„Mh.“, machte er, bemerkte Bobbys Blick auf seine Zigarette und warf ihm schmunzelnd die Packung hinüber. Nachdem er dem Eismutanten erneut Feuer gegeben hatte, lehnte er sich wieder zurück und kippte mit seinem Stuhl nach hinten.

Dass Bobby bei seinem Experiment wirklich nur ihre beiden Kräfte im Blick hatte und nicht ihn als Person beruhigte John schon ein bisschen.
„Aber muss es denn gleich ein Kuss sein?“, warf er einen neuen Gedanken in die Runde. „Würde es für dein kleines Experiment nicht reichen, wenn wir uns irgendwie... anfassen?“ Fragend hob er die Augenbrauen. Sie waren sich ja gestern Abend auch entsprechend nah gewesen. Vielleicht war das, was sie beide empfunden hatten, nichts anderes als zu viel Wärme bzw. Kälte am Körper.

„Wie gesagt, wenn du unbedingt darauf bestehst... von mir aus. Unter genannten Bedingungen. Dann bist du schlauer und ich hab wieder meine Ruhe vor dir und seinen... plötzlichen Ambitionen.“ John musste grinsen und schüttelte den Kopf. „Das ist mir Abstand das abgedrehteste Gespräch, das wir je geführt haben.“

Obwohl Bobby vom Gespräch abgelenkt war, funktionierten seine Reflexe gut genug, um die plötzlich auf ihn zufliegende Zigarettenschachtel zu fangen. Zögernd sah er die Packung an. Verdammt, wenn das so weiter ging, machte John ihn noch zu einem richtigen Raucher. Aber gut, das war ein heikles Gespräch und etwas Nikotin würde dabei nur gut tun. Bobby zog sich eine raus, liess sich von John Feuer geben und warf die Packung dann wieder zurück. Er nahm einen tiefen Zug, atmete den Rauch aus und lehnte sich dann ebenfalls nach hinten.

"Nein, es muss kein Kuss sein." Er grinste. "Obwohl ich finde, dass du sehr gut küsst." Er musste lachen, nachdem er das gesagt hatte. Was für ein abgedrehtes Gespräch. "Aber ich schätze, was anderes tuts auch. Was schlägst du vor?" Neugierig sah er ihn an. Es war ja nicht so, dass er John nicht schon zuvor gelegentlich mal angefasst hatte. Gestern, nach der Rückkehr aus dem Gefängnis, hatte er mit seinen Händen die Schlagwunde gekühlt. Und da war ihm nichts gross weiter aufgefallen. Vielleicht weil der Kontext so ganz anders war, weil er gar nie auf die Idee gekommen war, dass da was sein könnte. Weil er über Pyro noch nie auf diese Weise nachgedacht hatte. Das war erst durch ihr Drogenspielchen gestern Nacht passiert.

"Ich bestehe darauf", sagte er und nahm den ernsten Worte mit einem schiefen Lächeln die Spitze und nickte, um zu signalisieren, dass er mit den Bedingungen leben konnte. Als John dann das 'abgedrehte Gespräch' kommentierte, sah Bobby ihn einen Augenblick seltsam an. Immerhin war das genau das, was er vor ein paar Sekunden gerade selbst gedacht hatte. Dann nickte er und lachte. "Stimmt... obwohl das Gespräch, wo du zum ersten Mal versucht hast mich davon zu überzeugen, dass es auch für mich gut wäre, wenn ich dich die Hausaufgaben von mir abschreiben lasse, das war auch ziemlich gut..." John hatte sämtliche Register gezogen, bis Bobby sich schliesslich hatte erweichen lassen, seine Prinzipien über den Haufen zu werfen, für dieses eine Mal.

Mit einer Hand fing John die Zigarettenpackung auf und legte sie dann vor sich auf dem Tisch ab. Er beobachtete Bobby bei dessen ersten Zug. Dass John und seine Liebe zum Nikotin einen schlechten Einfluss auf Bobby hatten, sah er nicht so. Jeder konnte doch selbst entscheiden und wenn Bobby nicht wollte, würde John ihn keinesfalls zwingen, mit ihm zu rauchen. Er hatte aber auch nichts dagegen, denn eine Zigarette in Gesellschaft war besser als eine alleine. Meistens.

Als Bobby anfing zu lachen musste auch der Australier ein bisschen schmunzeln.
„Erzähl mir was Neues.“, antwortete er selbstbewusst, beließ es dann aber dabei. Normalerweise hätte er diese Gelegenheit genutzt, um ein paar wilde Geschichten zu erzählen, aber der grobe Kontext des Gespräches ließ ihn die Worte herunter schlucken. War wahrscheinlich gerade nicht so gut, mit seinen Künsten anzugeben. Wer konnte schon wissen, auf was für durchgedrehte Ideen Bobby noch kommen würde.
Nun forderte der Eismutant von ihm einen Vorschlag. John runzelte die Stirn. „Hm, tja. Keine Ahnung... Kannst ne Umarmung kriegen, wenn du es keinem weitersagst.“, schlug er vor und lächelte verschwörerisch.

Lachend erinnerte auch der Pyrokinetiker sich an diesen Tag. Da war er noch gar nicht so lange hier gewesen, einen oder zwei Monate vielleicht. Für jemanden wie ihn, der schon sein ganzes Leben lang gegen alle Regeln rebellierte, war es natürlich hart gewesen, sich an den doch ziemlich strikten Ablauf des Schulalltages an Xaviers Schule zu gewöhnen. Und zumindest die Sache mit den regelmäßigen Hausaufgaben hatte er schnell aufgegeben.
„Was genau hat dich damals überzeugt? Die Punkte auf dem Karma-Konto? Oder war es das konstruktive Feedback, das ich dir geben könnte, nachdem ich mich so eingehend mit deinen Ausarbeitungen beschäftigt habe?“ Was er natürlich nie getan hatte. Hausaufgaben abschreiben und dann noch drüber nachdenken? Soweit würde ihn hier keiner kriegen.

Bobby lächelte schief. Was Neues... hmmm... "Deine Zunge ist an der Spitze heisser als weiter hinten", erklärte er dann, ziemlich zuversichtlich, dass Pyro das noch von keinem seiner Girls gehört hatte. Und als John dann die Umarmung vorschlug, verwandelte sich das schiefe Lächeln in ein breites, sehr breites Grinsen. "Ernsthaft? Dir ist aber schon klar, dass wir uns dazu ausziehen müssen, um das mit den Temperatureffekten wirklich richtig auszutesten." Er zog an seiner Zigarette und sah John darüber hinweg amüsiert an. "Mindestens oben rum", fügte er dann an, um die erwarteten Proteste des Feuermutanten ein wenig zu dämpfen.

Die ganze Sache machte Bobby mehr und mehr Spass. Es war so selten, John in einer nervösen Defensive zu erleben, dass er sich fragte, mit was für Themen ihm das allenfalls noch so gelingen könnte. Das hier funktionierte auf jeden Fall ausgezeichnet - und machte ihn seltsamerweise irgendwie selbstsicherer.

Die Reminiszenz über die Anfänge ihrer Freundschaft führte bei Bobby zu einem versonnen Blick. Er hatte Xaviers Schule schon gemocht, bevor John hier aufgetaucht war, aber mit ihm war alles noch viel besser geworden. Die Leute hier waren zwar alle nett gewesen, aber richtige Freundschaften - wie er sie von Boston her kannte und vermisste - hatte er keine geschlossen gehabt. Bis der Australier auftauchte und ihm als Roommate zugeteilt wurde. Bobby war zuerst überrascht und skeptisch gewesen, aber das hatte sich schnell gelegt. Sie waren rasch Freunde geworden und erwiesen sich wegen ihrer diametralen Kräfte als ideale Trainingspartner. Er seufzte und sah John an. "Viel schlimmer. Ich kann einfach nicht Nein sagen. Aber das mit dem konstruktiven Feedback war zugegebnermassen clever." Er blies etwas Rauch aus der Nase. "Wenn ich nur nicht noch immer darauf warten würde..." Bobby grinste.

Whow. Okay. Das war definitiv eine neue Information, auf die er auch hätte verzichten können. Ihm war irgendwie nicht bewusst gewesen, dass es so... nun... das Bobby solche Informationen hatte bekommen können. John schluckte. Sein Mund war mal wieder ziemlich trocken geworden. Während er Mutant nach etwas zu Trinken griff versuchte er sich ebenfalls an einem Grinsen, das aber leider nicht so locker ausfiel, wie er sich erhofft hatte.
„Was es nicht alles gibt.“, murmelte er. Bobby preschte direkt weiter und nahm seinen Vorschlag mit der Umarmung auf. Und so, wie sein bester Freund das ganze formulierte, klang es plötzlich doch nicht mehr so sehr nach dem leichtesten Ausweg aus diesem Schlamassel. Halb nackt seinen besten Freund umarmen? Auch nicht gerade das, was John sich in einsamen Nächten vorstellte.
„Ach, zum Teufel damit. Solange ich mich betrinken darf und wir nie wieder darüber reden.“, gab sich der Pyrokinetiker geschlagen und funkelte Bobby etwas gekränkt an. Es war so ungewohnt, dass John sich in der Reserve befand und Bobby die große Klappe hatte. Das gefiel ihm irgendwie gar nicht.

Auch John rettete sich ein bisschen in Gedanken an alte Tage. Der Australier war nicht minder skeptisch gewesen, als Xavier ihn in seiner Schule aufgenommen hatte und man ihm einen Zimmergenossen zugeteilt hatte. Damals hatte John nicht gerade hohe Meinungen von jenen behütet Aufgewachsenen gehabt und an vielen Stellen hatte er die auch heute noch nicht. Aber bei Bobby war das anders gewesen. Irgendwie – und John wusste auch heute noch nicht, wie – hatte der Eismutant es geschafft, Johns selbstauferlegten Panzer zu knacken.
„Mein Feedback ist wie Wein. Das braucht seine Zeit, bis es reif ist, um genossen zu werden.“, grinste er zurück und begann, mit seinem Feuerzeug zu spielen.

John lächelte etwas gequält, was Bobby nur umso mehr anstachelte. Und zu seiner Überraschung kamen dann wegen dem Ausziehen und Umarmen keine weiteren Proteste, im Gegenteil schien sein Zimmergenosse sich nun seinem Schicksal zu fügen. "Du darfst dich betrinken", erklärte Bobby gnädig und lachte dann wegen der Absurdität der Situation. Er allerdings würde das nicht tun, im Gegenteil. Ihm war wichtig, diesmal alle seine Sinne beieinander zu haben. Und Pyro kannte ihn gut genug um zu wissen, dass er nicht nicht über sowas reden konnten, wenn es dann passiert war. Mit wem sollte er denn sonst diskutieren, was bei dem Experiment herausgekommen war? Wahrscheinlich dachte sich der Feuermutant, dass es dennoch einen Versuch wert war, ihm das als Bedingung aufzuerlegen...

"Dein Feedback ist wie Wein, huh?" Bobby, der kein grosser Wein-Fan war, grinste und beobachtete wie John mit seinem Feuerzeug spielte, in der aktuellen Situation klar ein Zeichen von Nervosität. Er nahm noch einen Zug aus seiner Zigarette und fing dann an, das Frühstücksgeschirr zusammenzustellen, um es nachher reinzutragen. Und er wirkte sehr unternehmungslustig und energiegeladen dabei. "Wir sollten das noch austesten, bevor wir nach Boston fahren...", er nickte. "Wie wärs mit... heute Abend? Ganz entspannt, bei uns auf dem Zimmer, mit soviel Alkohol wie du willst..." Er sah ihn an und bemühte sich um einen seriösen Gesichtsausdruck, der Wissenschaftlichkeit des kommenden Experiments angemessen. "Dresscode: Shorts."